DNK-Jahresbilanz 2018: es gab viel zu lesen, es bleibt viel zu tun
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) nähert sich der bedeutenden Marke von 500 Anwenderorganisationen.
Viele DNK-Anwender haben in den letzten Monaten, ausgelöst durch die so genannte CSR-Berichtspflicht, erstmals einen Bericht zu Nachhaltigkeitsthemen verfasst. Das unterstreicht den prozessorientierten Charakter des Nachhaltigkeitskodex, der geeignet ist, Unternehmen von Beginn an auf dem Weg hin zur Integration von Nachhaltigkeit ins Kerngeschäft zu begleiten. Um den Anwendern auch weiterhin ein pragmatisches Instrument für viele Fälle zu sein, wurde der DNK dieses Jahr sowohl inhaltlich als auch gestalterisch überarbeitet. Darunter fallen die Integration des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte, die neue Webseite, aktualisierte Checklisten und der überarbeitete Leitfaden für Einsteiger in die Berichterstattung, der ab Januar zur Verfügung stehen wird.
Der DNK in Zahlen
Aktuell (Stand 17.12.2018) haben 477 Unternehmen den Nachhaltigkeitskodex genutzt, um insgesamt 821 DNK-Erklärungen abgegeben. Damit ist die Masse strukturierter Informationen zu Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen deutlich gestiegen. Der überwiegende Teil wird auf Deutsch veröffentlicht (725); insbesondere international agierende Unternehmen stellen auch englische Versionen online (96).
Das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz hat 2018 für besonders viel Zulauf beim Kodex gesorgt, weil Unternehmen eine pragmatische Hilfe zur Berichterstattung gesucht haben. Von der Berichtspflicht unmittelbar betroffen sind in Deutschland rund 530 Unternehmen. Für das Berichtsjahr 2017 haben 149 Unternehmen ihre DNK-Erklärung nach dem CSR-RUG erstellt; davon 134 aus der Branche „Banken, Versicherungen, Finanzdienstleister“. Insgesamt gab es mit einem Plus von 230 Anwendern einen Zuwachs von 93% im Vergleich zum Vorjahr. Das umfasst sowohl berichtspflichtige als auch nicht-berichtspflichtige Organisationen.
Die Indikatoren der Global Reporting Initiative (GRI) werden von den Unternehmen bevorzugt. Für Erklärungen zum Berichtsjahr 2017 haben 84% mit ihren Indikatoren nach GRI berichtet und 16% nach den KPIs for ESG des europäischen Verbands für Finanzanalyse und Asset Management (EFFAS), wobei diese überwiegend von Finanzdienstleistern genutzt wurden.
Lessons Learned aus 2018
Das Büro Deutscher Nachhaltigkeitskodex hat die Qualität der DNK-Erklärungen ausgewertet. Untersucht wurden 170 Unternehmen, die bis zum Stichtag 01.08.2018 eine Erklärung für das Berichtsjahr 2017 abgegeben hatten. Dabei zeigte sich, dass viele bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen oder dabei sind, eine solche zu entwickeln. Einen deutlichen Unterschied gibt es zwischen Unternehmen aus der Finanzbranche und den übrigen Branchen: Aus der Finanzbranche verfolgen 9% der untersuchten Unternehmen eine eigenständige Nachhaltigkeitsstrategie, während es bei Vertretern anderer Branchen 69% sind. Den zweiten Weg, also das Thema Nachhaltigkeit in die allgemeine Unternehmensstrategie einzubetten, verfolgen 51% der Finanzdienstleister (restliche Branchen: 28%). Die fehlende strategische Ausrichtung haben 40% der Finanzdienstleister und nur 3% der Unternehmen anderer Branchen über die „explain“-Funktion im DNK erklärt.
Schwierigkeiten mit Rechtsbegriffen
Bei berichtspflichtigen Unternehmen fällt noch eine gewisse Scheu auf, den Begriff „Konzept“ zu verwenden bzw. interne Strukturen, Prozesse und Maßnahmen in ein konsistentes Konzept zu gießen. Es werden auch seltener quantitative Zielsetzungen zu den fünf Belangen genannt, als qualitative. Vor allem beim Belang Menschenrechte liegen kaum konkrete Konzepte vor – der überwiegende Teil (90%) hat dort mithilfe von „explain“ berichtet. Bei den Arbeitnehmer- und Sozialbelangen sowie Bekämpfung von Korruption und Bestechung haben zumindest jeweils etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen ein Konzept beschrieben. Im Themenbereich Umwelt hat noch die knappe Mehrheit von der Erklärmöglichkeit im Falle der Abweichung Gebrauch gemacht, stellt aber in Aussicht, alsbald Konzepte zu Umweltbelangen zu entwickeln.
Bei der Berichterstattung der berichtspflichtigen Unternehmen über Risiken ist noch Nachholbedarf. Die strikte Formulierung im nach der EU-Richtlinie verfassten deutschen Gesetz („wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen“) lässt Anwender hier vorsichtiger formulieren. Zu Risiken wird im DNK überwiegend im Sinne von „explain“ berichtet (70-90% der Anwender in den Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen sowie Menschenrechte); lediglich bei der Bekämpfung von Korruption und Bestechung hat die knappe Mehrheit durch bereits etablierte Compliance-Management-Systeme Konzepte vorzuweisen. Zudem werden noch sehr häufig Risiken genannt, die dem Unternehmen durch Nachhaltigkeitsaspekte entstehen könnten, statt die negativen Auswirkungen zu betrachten, die ein Unternehmen auf ebenjene hat.
Integration NAP Wirtschaft und Menschenrechte
Die Bundesregierung will mit dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) die Einhaltung der Menschenrechte in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten durchsetzen. Im DNK-Kriterium Nummer 17 können Organisationen bereits zum Umgang mit Menschenrechten berichten. Das Kriterium wurde nun um berichtsrelevante Punkte im Sinne des NAP erweitert. Das Anliegen des DNK ist es, als Instrument zur Berichterstattung zu einer Kohärenz der Berichterstattungssysteme und Nachhaltigkeitsinitiativen beizutragen. Unternehmen, die mit dem DNK ihr Engagement zum Schutz der Menschenrechte bis in die Wertschöpfungskette hinein sowie System- oder Verantwortungsgrenzen beschreiben möchten, können dies in der Datenbank nun auswählen. Sie sehen dann die Transparenzanforderungen des DNK inklusive der Berichtspunkte zum NAP.
Ausblick 2019
Das DNK-Büro standardisiert die kritische Durchsicht vor Freischaltung der Erklärungen weiter auf Basis der Erfahrungen im ersten Berichtsjahr. Damit wird im Ergebnis auch die Vergleichbarkeit der Erklärungen erhöht. Dazu gehört auch, dass vor dem Hintergrund des Pariser Klimaschutzabkommens und den Beschlüssen in Kattowitz das Vorhandensein von Klimaszenarien, der Anteil nachhaltiger Investments respektive der Berücksichtigung von ESG in den Anlagen etwa der betrieblichen Altersvorsorge oder, im Falle von Finanzakteuren, in eigenen Finanzprodukten nachgefragt wird.
Im Sommer 2019 wird das Büro Deutscher Nachhaltigkeitskodex nach dem zweiten Berichtszyklus nach Inkrafttreten der CSR-Berichtspflicht die bis dahin veröffentlichten DNK-Erklärungen erneut analysieren. Dabei soll ausgewertet werden, was auf freiwilliger Basis berichtet wurde. „Insbesondere angesichts der Interpretationsspielräume des Gesetzes ist die Bandbreite der Berichtspraxis aktuell noch sehr hoch“, so Yvonne Zwick, Stellvertretende Generalsekretärin des Rates für Nachhaltige Entwicklung und Leiterin des Büros Deutscher Nachhaltigkeitskodex. „Organisationen, die den DNK nutzen, zeigen aber deutlich, dass sie es ernst mit dem Thema Nachhaltigkeit meinen. Sie unterstützen die informierte Debatte darum, zu welchen Graden eine Befassung mit Nachhaltigkeit im Kerngeschäft der Unternehmen bereits möglich ist, wie man mit Zielkonflikten umgeht und den wettbewerblichen Vergleich für sich nutzt. Diesen Wettbewerb brauchen wir dringend, um in Sachen nachhaltiger Entwicklung entscheidende Schritte voran zu kommen – sowohl auf gesellschaftlicher, als auch unternehmerischen Ebene.“
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) fördert verantwortungsbewusstes Wirtschaften. Er stellt die Nachhaltigkeitsleistung von nationalen wie internationalen Organisationen und Unternehmen jeder Größe und Rechtsform anhand von 20 Kriterien und ergänzenden Leistungsindikatoren dar. Seit Anfang 2017 müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten berichten. Die EU-Kommission und der deutsche Gesetzgeber haben den DNK als geeigneten Standard zur Erfüllung der Berichtspflicht gewürdigt. Aufgrund seiner Ausrichtung und unkomplizierten Handhabung ist der DNK auch für kleinere und mittlere Unternehmen gut anwendbar. Die Nutzung des DNK und der DNK-Datenbank sind kostenlos. www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) wurde erstmals im April 2001 von der Bundesregierung berufen. Dem Rat gehören aktuell 17 Personen des öffentlichen Lebens an. Die Aufgaben des Rates sind die Entwicklung von Beiträgen für die Umsetzung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die Benennung von konkreten Handlungsfeldern und Projekten sowie Nachhaltigkeit zu einem wichtigen öffentlichen Anliegen zu machen. In der Wahl seiner Themen und Aktionsformen ist der Rat unabhängig. Ergebnisse aus der laufenden Arbeit sind zum Beispiel der Deutsche Nachhaltigkeitskodex, Stellungnahmen zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, zu den Globalen Nachhaltigkeitszielen, zu Digitalisierung und Nachhaltigkeit, zur Klimapolitik, zur Rohstoffpolitik und zum Ökolandbau, der Hub for Sustainable Finance und vieles mehr. Mehr unter www.nachhaltigkeitsrat.de